Bad Habits - FOMO
Dies ist der zweite Blog-Beitrag aus der Serie mit dem Titel „Bad Habits“, angelehnt an den Artikel „Bad Habits and Good Practices“ der drei Finanzexperten Amit Goyal, Antti Ilmanen und David Kabiller. Konkret geht es dabei um das Fehlverhalten von Anlegern, das einen negativen Einfluss auf die Performance hat. In diesem Beitrag möchte ich über FOMO – Fear of Missing Out – schreiben und wie dieses emotional-psychische Phänomen uns in unserem Investorenleben beeinflusst.
Im ersten Blog-Beitrag Bad Habits - Return Chasing haben wir schon über den Einfluss sozialer Effekte in Form von Peer Risk und Herdenmentalität gesprochen. FOMO ist dabei ein zentraler Bestandteil und Ursache vieler sozialer Effekte. FOMO kann als emotionale Reaktion auf die Wahrnehmung definiert werden, dass andere (meine Peers, mit denen ich mich vergleiche, oder der Gruppe, zu der ich mich zugehörig fühle oder dazugehören will) eine Erfahrung, eine Gelegenheit oder eine Belohnung genießen, von der man selbst ausgeschlossen ist.
Dieses Gefühl der Ausgrenzung und der Wunsch, es später nicht zu bereuen nicht dabei gewesen zu sein, können dazu führen, dass Menschen impulsiv handeln, getrieben von Angst statt von rationalen Entscheidungen.
Ein allgegenwärtiges Phänomen
Tatsächlich ist FOMO allgegenwärtig. Wir sind soziale Wesen und wollen dazugehören, und orientieren uns somit an unseren „Peers“. Das Phänomen dieser zutiefst menschlichen Sehnsucht wird im Marketing geschickt eingesetzt, auf Buchungsseiten, die suggerieren, dass nur mehr zwei Plätze frei sind. Auf Online Plattformen, die uns glauben machen, es gibt nur mehr ein letztes Stück einer Ware, daher muss man einfach zugreifen! Wiewohl ich persönlich weiß, dass das alles nicht stimmt, machen mich solche Aussagen nervös und kribbelig. Und ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht meinem Impuls nachgehe, der da lautet: Kaufen, worauf wartest du noch! Sofort buchen, sonst ist es weg, das Schnäppchen. Schaut man ein bisschen länger stellt sich oft heraus, dass es eher ein Anti-Schnäppchen ist…
An der Börse äußert sich FOMO in Form von überstürzten und unüberlegten Entscheidungen der Anleger. Studien (zB The Effects of FOMO on Investment Behavior in the Stock Markets) haben gezeigt, dass FOMO dazu führt, dass wir
· Aktien nachjagen, die kürzlich massiv gestiegen sind: Leider stürzt so eine Mini-Bubble oftmals in sich zusammen, sodass man überteuert gekauft hat und Verluste realisieren muss.
· Aktien panisch verkaufen, weil sie gerade massiv fallen: Leider verkauft man in der Regel zu spät und zu billig.
· Zu oft handeln (Overtrading), da man impulsiv von einem Sternchen zum nächsten springt (siehe auch den Blog Beitrag zu Return Chasing)
· Emotional und impulsiv agieren und seine Anlagestrategie vergessen (die hoffentlich jeder hat)
· Nur kurzfristig denken und agieren („short-termism“), jedem angesagten Trend hinterherlaufen, und eine langfristige stabilere Ausrichtung des Portfolios ignorieren.
Auf Finanzmärkte umgelegt ist FOMO eine der wesentlichen Ursachen für die Bildung von Blasen (zB die Dotcom-Blase Ende der 90er Jahre). Damals war jeder gierig nach den unglaublichen Renditen, die erzielt wurden, viele völlig unerfahrene Menschen kauften plötzlich Aktien, weil sie dabei sein wollten, weil „alle das tun“, weil „nichts schiefgehen kann“. Bei professionellen Investoren kursieren Anekdoten, die erzählen, dass sie Anlagetipps von ihrem Gärtner bekommen haben. Spätestens dann sollte man sich seine Positionen glattstellen, denn das Ende der Blase könnte kurz bevorstehen.
Soziale Medien
FOMO ist nicht neu, aber es wird durch das (relativ) neue Phänomen sozialer Medien in den letzten Jahren massiv befeuert. Soziale Medien ermöglichen es dem Einzelnen, permanent Markttrends zu verfolgen und ihre Anlageportfolios in Echtzeit mit denen anderer zu vergleichen.
Die ständige Verfügbarkeit von Erfolgsgeschichten über hohe Renditen, die erzählen wieviel sie nicht mit der einen oder der anderen Aktie gewonnen haben, und die Konfrontation mit Geschichten über Markt-Timing-Strategien, die zu erheblichen finanziellen Gewinnen führen, ist der Nährboden für den Stachel des FOMO im Einzelnen und führt zu blinder Gier und Angst. Denn FOMO ist letztendlich eine Kombination von beiden starken Emotionen, Gier und Angst.
Was kann ich dagegen tun?
Die Emotion, die FOMO ausmacht, hat einen starken psychischen Effekt. Auf dich. Auf mich. Diesem entgegenzuwirken, wenn gefühlt alle auf einen einreden, man müsse doch auch mitmachen, es ist total sicher und einfach und und und, das ist nicht einfach.
Oder doch?
Das Gegengift heißt regelbasiertes Handeln:
· Ich habe eine langfristige Anlagestrategie, mit klaren Vorstellungen, wann ich agiere – und wann nicht
· Ich bin langfristig ausgerichtet – sich überlegen, was kurzfristige Marktänderungen, ob positiv oder negativ, bedeuten können, ist gut. Handeln sollte man aber nur in Einklang mit seiner langfristig ausgelegten Anlagestrategie.
· Wenn man seine Aktien verstanden hat und eine Arbeitshypothese gebildet hat, kann man diese überprüfen, wie ich im ersten Beitrag beschrieben habe.
· Übereiltes Handeln vermeiden.